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Klaffende Wissenslücken werden in Sexten traditionsgemäß vom „Lehra Rudl“ gestopft. Vor allem jene geschichtlicher Natur. Und solche, die in irgendeiner Weise mit Sexten, seinen Bergen, Menschen oder Eigenheiten zu tun haben. Mit professioneller Umsicht nimmt er sich dem Sorgenkind an und hat eigentlich immer die passende Füllmasse parat. Gut proportioniert und von stichfester Qualität. Dabei kommt er ganz ohne Smart-App aus. Alles im Gedächtnis gespeichert. Auch wenn er längst in Pension ist – bei den Sextnern ist und bleibt Rudolf Holzer „der Lehrer“. Die personifizierte Dorf-Datenbank. Für den über 80-Jährigen ist das Wissen-Vermitteln mehr als nur ein Beruf, eher eine Berufung. Seine Leidenschaft und ganz persönliches Steckenpferd. Wer in Sexten nicht bei ihm das Schreiben und kleine Einmaleins erlernt hat, der kennt ihn in seiner Funktion als Dorfchronist oder als ehrenamtlichen Betreuer der Ausstellung zum Ersten Weltkrieg in der Alten Volksschule. Eventuell auch als rüstigen Herren mit Stofftasche, der flinken Schrittes zwischen Sexten und Moos ein- und ausspaziert. Oder als Autor einer Reihe wirklich interessanter Bücher und Publikationen. Intensive Recherchearbeit, eine detektivische Kombinationsgabe und gehörige Portion Neugier waren wohl nötig, um jedes einzelne Haus in Sexten und die Geschichte seiner Bewohner bis ins frühe 18. Jahrhundert zurückzuverfolgen und detailliert zu dokumentieren. Hier kann man nachlesen, wer mit wem, wann und wo. Wessen Kind wann geboren und gestorben. Und Eines ist sicher: Wer mit seiner Frage und ein wenig Zeit zum „Lehra Rudl“ pilgert, der bekommt das unsichtbare Wunder geboten.